Antifeminismus ist eine Weltanschauung und Gegenbewegung, die sich aktiv und meistens organisiert gegen das Grundprinzip der Geschlechtergerechtigkeit, sowie geschlechtliche und sexuelle Selbstbestimmung richtet. Antifeminismus lehnt die Vielfalt von Lebensentwürfen ab und möchte traditionelle Geschlechterrollen bewahren. Er richtet sich insbesondere gegen gleichstellungspolitische Maßnahmen, Frauenrechte und queeres Leben.
Ist Antifeminismus und Sexismus das Gleiche?
Sexistische Einstellungen und Verhaltensweisen sind zwar immer Teil einer antifeministischen Weltanschauung, trotzdem ist nicht jede sexistische Aussage zwangsläufig antifeministisch.
Sexismus ist die Diskriminierung, Abwertung, Benachteiligung und Herabwürdigung von Menschen aufgrund ihres (zugeschriebenen) Geschlechts oder ihrer Geschlechtsidentität. Antifeminismus geht einen Schritt weiter und fordert gezielt, sexistische Ansichten gesellschaftlich durchzusetzen und in Gesetze zu überführen.
Wie zeigt sich Antifeminismus?
Antifeminismus geht sowohl von Netzwerken, organisierten Gruppen, Parteien als auch von Einzelpersonen aus, die teilweise sehr unterschiedlich vorgehen. Angriffe reichen von Anfeindungen im Internet und Diskriminierung auf offener Straße, über Bemühungen, Gesetze zu ändern und Protestmärsche, bis hin zu gezielter Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts und Attentaten. Ziel und Feindbild sind neben Frauen und queeren Personen oftmals Organisationen und Personen, die stellvertretend für feministische Anliegen stehen. Das können Gleichstellungsbeauftragte, Gender-Institute, Beratungsstellen aber auch Politiker*innen oder Aktivist*innen sein.
Welche Ziele hat Antifeminismus?
Antifeminismus hat traditionelle Familienbilder und Geschlechterrollen als alleiniges Lebensmodell zum Ziel. Frauen werden auf ihre reproduktive Rolle reduziert und queeres Leben wird als „widernatürlich“ abgelehnt. Gleichstellung soll rückgängig gemacht werden und wird als Bedrohung und Unterdrückung von Männern betrachtet. Bildung über sexuelle Vielfalt und Geschlechtsidentitäten an Schulen, Informationen über Schwangerschaftsabbrüche sowie Geschlechterforschung sollen verboten werden. Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen werden verharmlost oder geleugnet.
Antifeminismus ist ein globales Phänomen. Die Akteursgruppen sind teilweise international gut miteinander vernetzt und unterstützen sich gegenseitig, z.B. bei Kampagnen gegen liberale Abtreibungspolitik oder Gleichstellungsbestrebungen für LGBTQI+-Personen. Obwohl Antifeminismus kein neues Phänomen ist, sondern so alt wie der Feminismus selbst, erstarken antifeministische Positionen und Erzählungen aktuell wieder. Bei einem Blick auf andere Länder zeigt sich, dass antifeministische Bestrebungen bereits erfolgreich sind und erkämpfte Rechte offener demokratischer Gesellschaften rückgängig gemacht werden: In den USA wurde das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche 2022 vom Obersten Gerichtshof zurückgenommen und in Ungarn ist es seit 2021 verboten, mit Minderjährigen über Homosexualität oder Geschlechtsangleichung zu sprechen. Die Entwicklungen lassen sich auch in Deutschland beobachten: 2018 wurde im Bundestag beispielsweise ein Gesetzesentwurf eingebracht, der die gleichgeschlechtliche Ehe wieder abschaffen soll. Queerfeindlichkeit nimmt in den letzten Jahren wieder zu, es gibt erhitzte Debatten über geschlechtergerechte Sprache und Aufmärsche der so genannten „Lebensschutz-Bewegung“ gegen das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche.
Warum ist Antifeminismus gefährlich?
Die Gefahr antifeministischer Positionen liegt zum einen darin, dass ihre Ziele sich gegen das Grundprinzip von Gleichheit und Gerechtigkeit sowie die Menschenrechte richten und damit auch gegen die Grundwerte einer demokratischen Gesellschaft. Zum anderen gehen die Positionen oftmals mit anderen menschenfeindlichen und antidemokratischen Einstellungen einher und sind anschlussfähig für unterschiedliche Menschen und Akteursgruppen. Neben Rechtspopulisten und christlichen Fundamentalisten, kommen die Akteur*innen aus unterschiedlichsten (partei-) politischen Bandbreiten. Insbesondere rechtsextreme Ideologien sind eng mit Frauenhass verknüpft. So waren beispielsweise für den norwegischen Attentäter von Utøya 2011 oder den rechtsextremistischen Täter des Terroranschlags in Halle, Frauenfeindlichkeit ein entscheidendes Motiv für ihre Taten – neben Antisemitismus und Rassismus. Antifeminismus ist jedoch kein Phänomen, das ausschließlich in extremistischen Kreisen verbreitet ist. Vielmehr ist Antifeminismus in der politischen Mitte und vor allem in konservativen Kreisen weit verbreitet.
Laut der Leipziger Autoritarismus Studie aus dem Jahr 2022 hat jeder dritte Mann in Deutschland ein geschlossenes antifeministisches oder sexistisches Weltbild. Gleiches gilt für jede fünfte Frau.